Zellbasierte Therapeutika zählen zu den sogenannten ATMP (Advanced Therapy Medicinal Products), die sich in somatische Zelltherapeutika, Gentherapeutika und Tissue-Engineering Produkte (TEP) als auch gemischte Produkte unterteilen. Sie enthalten oder bestehen aus lebenden menschlichen Zellen, die entweder dem Patienten selbst entnommen (autologe Zellen, iPS) oder aus dem Blut bzw. Gewebe anderer Menschen (allogen) gewonnen werden. Im Labor werden diese Zellen ex vivo prozessiert und manipuliert (zum Beispiel vermehrt oder gentechnisch verändert) und dann anschließend dem Patienten verabreicht.
Um eine sichere und wirksame Behandlung von Patienten mit einem Zelltherapeutikum zu gewährleisten, muss an mehreren Schritten im Isolierungs-, Herstellungs- und Anwendungsprozess der Zelltherapeutika eine effektive Qualitätskontrolle erfolgen. Neben der reproduzierbareren Qualität der zu verwendenden Zellen muss auch sichergestellt werden, dass sie in ausreichender Menge und zu einem angemessenen Preis zur Verfügung stehen. Dies ist speziell bei Präparaten von Bedeutung, die eine große Anzahl von Patienten adressieren (wie z.B. im Falle von HIV). Nicht nur die Entwicklung von Zelltherapeutika ist gegenwärtig sehr zeit- und kostenaufwendig, sondern auch die Qualitätskontrolle, da die aktuell durchgeführten Testungen teilweise sehr komplex sind und einen hohen Personaleinsatz erfordern.
Die Vision des Netzwerkes besteht darin, beizutragen zu einer umfassenden Vorgehensweise bei der Qualitätskontrolle, die regulatorisch erfüllend ist und als eine allgemeine für das Qualitätsmanagement der Zelltherapie etabliert werden könnte. Die Vision ist, das erste standardmäßige und universale Prozessmanagement darzustellen, das für eine Qualitätskontrolle medizinischer Zelltherapie angewandt werden kann.
Mit dem global zunehmenden Interesse an der Nutzung von Zelltherapien für unterschiedliche Erkrankungen besteht ein wachsender Bedarf an Produkten und Verfahren für die Darstellung der Qualität und der Sicherheit. Die Netzwerkpartner sind in der Lage, hierfür Lösungsansätze und kommerziell umsetzbare neuartige Verfahren bzw. Geräte zu entwickeln und sollen dafür die Unterstützung eines ZIM-Netzwerkes nutzen.
Ziel des Netzwerkes ist die Initiierung und Konzeption von gemeinschaftlichen Entwicklungen für innovativer Methoden und Geräte für die Qualitätskontrolle bei Zelltherapien. Die in diesem Netzwerk betrachteten innovativen Technologien und Produkte sollen dazu beitragen, die wichtigsten Aspekte und Parameter der Qualitätskontrolle zellbasierter Therapeutika und ihrer Ausgangsprodukte abzudecken. Hierfür soll im Netzwerk die Entwicklung einer adaptierbaren Vorgehensweise zur verbesserten Qualitätskontrolle humaner Zellen, die in zellbasierten Therapien zum Einsatz kommen angegangen werden. Diese Arbeiten beinhaltet nicht nur „Standard Operating Procedures (SOPs) und Handlungsanweisungen, sondern ganz wesentlich auch die Entwicklung von Geräten und Diagnostika, die man im Rahmen der Qualitätskontrolle von unterschiedlichen Zelltherapeutika anwenden kann. Die Netzwerkziele soll sich am regulatorischen Rahmen von EMA (European Medicines Agency) und FDA (Food and Drug Administration) orientieren und so formuliert sein, dass sie modular einsetzbar ist und schnell an unterschiedliche therapeutische Zelltypen/Produkte adaptiert werden kann.
Es gibt eine Vielzahl von Parametern (Isolierungstechnik, Kulturmedium, Reagenzien, Temperatur, Prozessdauer, etc.) die die Qualität von Zelltherapeutika während des Isolierungs-, Herstellungs-, Lagerungs- und Transportprozesses beeinflussen können. Diese können bewirken, dass sich die ursprünglichen Charakteristika des Zellproduktes verändern. Hierzu zählen u.a. Veränderungen von Zellzahl, -vitalität, -morphologie und -volumen, Phänotyp/Identität, Verunreinigungen sowie eine negative Beeinflussung der Funktionalität bzw. Wirksamkeit des Zelltherapeutikums. Da sich sowohl prozessabhängige Parameter als auch Zellproduktcharakteristika je nach Zelltherapeutikum und auf Zellebene je nach Zelltypen unterscheiden, ist es ein unerlässlicher erster Schritt für die unterschiedlichen Zellproduktkategorien produkt- und prozessspezifische kritische Aspekte zu identifizieren.
Diese kritischen Aspekte müssen durch geeignete Verfahren überwacht werden. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Wichtige Kriterien bei der Wahl der optimalen Methode sind Kostengünstigkeit, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Reproduzierbarkeit und Möglichkeit multiparametrischer Messungen, um nur einige zu nennen. Zudem darf die Qualitätskontrollmethode nicht das Produkt verändern, ist also im Idealfall nicht-invasiv. Hier kommen Hochdurchsatz- und Automatisierungsverfahren ins Spiel. Diese ermöglichen zum einen die Parallelisierung von Prozessen und somit eine Reduktion von Produktionszeiten- und kosten, und zum anderen die Sicherstellung einer höheren Reproduzierbarkeit und Produktqualität. Um dies im Detail zu erfassen, werden in einem zweiten Schritt unterschiedliche Qualitätskontrollverfahren hinsichtlich ihrer Eignung für die unterschiedlichen Zelltherapeutika bzw. Zelltypen sowie bezüglich ihrer Kompatibilität mit Hochdurchsatz- und Automatisierungsverfahren beurteilt (siehe Abbildung).